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Interessenvereinigung zur Aufklärung und Vernetzung 

gegen organisierte sexualisierte und rituelle Gewalt

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Nur sie können einem das Gefühl vermitteln, «Wert zu haben» und «wertvoll zu sein». Dabei kommt es nicht sonderlich darauf an, ob es Menschen im Privaten oder Fachpersonen sind.»

 

In einer solchen Kindheit wie der von Cheyenne mangelte es an Nähe, Wärme, Zärtlichkeit. Menschliche Nähe wird in gefährlicher Form erlebt und erlitten. Die Sehnsucht nach Nähe ist jedoch urmenschlich und will gestillt werden.

Elisa

«Wenn man gelernt hat, ohne körperliche Nähe aufzuwachsen und zu leben, sehnt man sich danach, erträgt sie aber nur schwer. Was ich mir, seit ich denken kann, gewünscht habe, war «eine Umarmung». Ich war noch sehr klein, als ich anfing, mich zu verletzen.

 

Als Kind schnitt ich mich oft mit Rasierklingen oder Scherben. Die Wunde strahlte Hitze aus und das gab mir ein Gefühl von Geborgenheit und Wärme. Es dauerte lange, bis ich es geschafft hatte, damit aufzuhören. Ich hatte als Kind keine Vertrauensperson, es war aber, seit ich denken kann, mein grösster innerlicher Wunsch, einmal in die Arme genommen zu werden. Als ich dann mit 12 Jahren das erste Mal Heroin nahm, kam das meiner Vorstellung von Geborgenheit sehr nahe.

 

Bis heute ist es aber noch so, dass ich mich bei ganz wenigen Menschen wirklich entspannen kann. Das dauernde Scannen von Stimmungen der anderen Menschen ist anstrengend.

 

Man reagiert auf die Körpersprache der anderen. Sobald jemand ärgerlich oder angespannt ist, springt die Warnglocke an.»

Wie kann das Misstrauen überwunden werden? Wie kann Vertrauen wachsen? Durch Frauen, Männer und Kinder, die etwas anderes verkörpern als jene in der alten Welt: Verlässlichkeit, Klarheit, echte Zuwendung. Männer und Frauen, die eine andere Väterlichkeit und Mütterlichkeit leben als die früher erlebte. Junge Leute, die ein Stück normales Leben mit ihnen teilen.

Auf diesem Beziehungsboden wächst das Vertrauen, das auch therapeutische Prozesse fördert. 

Stimmen zum Thema

Cheyenne

«Leider hatte ich als Kind keine Vertrauensperson. Ich habe mein Leid und meine Verzweiflung Gott und irgendwann dem Tagebuch anvertraut. Und ich glaube, dass eine Vertrauensperson das gewesen wäre, was ich am meisten gebraucht hätte. Rückblickend ist auch klar, dass die Täter dies bewusst oder intuitiv verhindert haben, denn die Geheimnisse mussten gewahrt bleiben. Niemand durfte erkennen, dass hinter dem, was nach aussen gezeigt wurde, noch ganz anderes steckte. 

Ich würde den Spruch «Der Mensch ist die beste Medizin für den Menschen» voll unterschreiben. Das, was in mir an Heilung schon geschehen ist, hat zum grössten Teil mit korrigierenden Erfahrungen zu tun: Teil einer gesunden Gemeinschaft sein zu dürfen mit Menschen, die einem die Treue halten, Menschen, die einen wertschätzen, an einen glauben, anders über einen denken, anders mit einem umgehen, die einem glauben, dass das, was war, wirklich stattgefunden hat, die Nachsicht üben. 

Der Mensch des Vertrauens

«Diejenigen Menschen,

die mich annehmen 

mit all dem Furchtbaren

aus meiner Vergangenheit,

 sind pures Gold.»

Jamina

Was Jamina mit den obigen Worten ausdrückt, trifft den entscheidenden Punkt: Solche Menschen des Vertrauens sind für Betroffene Gold wert und grundlegend für ihren Weg ins neue, freiheitliche Leben. Wie könnte man sich durch all die Schwierigkeiten hindurchkämpfen, wenn es nicht immer wieder den Blick auf einen Menschen gibt, dem man vertrauen kann und der einem auch vertraut?

Fast allen Betroffenen fehlt ein grundlegendes Vertrauen ins Leben, in andere Menschen und in sich selbst. Wie hätte es sich auch entwickeln können in einem Herkunftsmilieu von Vernachlässigung, Kälte, Verachtung, Verrat und Gewalt? Meist gehört auch sexualisierter Missbrauch dazu. Der Aufbau von Vertrauensbeziehungen zu Aussenstehenden wurde möglichst verhindert oder zerstört, weil solche Beziehungen für die Täterinnen und Täter eine Gefahr darstellten. Traumatisiert wurden Betroffene nicht durch Naturgewalt oder Unfälle, nein, durch nächste Bezugspersonen, die sie schützend und fördernd hätten begleiten müssen. So werden die tiefsten Wunden zugefügt. Gesundes Vertrauen kann nicht wachsen.

 

Misstrauen wird zur Grundgestimmtheit. Immer misstrauisch zu sein, das war im alten Milieu nötig und hat sich bewährt: Trau keinem Menschen, du weisst nie, was kommt! Dieses Misstrauen erschwert das ganze Leben und auch die Heilungsprozesse. Deshalb sagte ein Psychiater: «Das Schwierigste in der Therapie mit Betroffenen liegt darin, ihr Misstrauen zu überwinden.»

Buch: «Weg in die Freiheit», Seite 19

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