Stellungnahme zur aktuellen Diskussion über sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend in organisierten und rituellen Strukturen
Seit geraumer Zeit findet in den Medien eine Debatte zum Thema der sexualisierten Gewalt in Kindheit und Jugend in organisierten und rituellen Strukturen statt. Diese Diskussion hat der Vorstand sowie Mitglieder der DeGPT mit großer Sorge zur Kenntnis genommen, da die zum Teil unsachlich geführte Auseinandersetzung Patient:innen sowie Behandler:innen verunsichert und somit die psychotherapeutische Versorgung gefährdet.
Versorgung der Patient:innen gewährleisten und fachliches Personal schützen Im Rahmen von Psychotherapien, klinischer Versorgung, Beratung oder vertraulichen Anhörungen berichten Patient:innen immer wieder darüber, Opfer von organisierter und ritueller Gewalt geworden zu sein. Mit diesen Schilderungen muss fachliches Personal (z.B. Psychotherapeut:innen, Fachärzt:innen) ungeachtet ihres Wahrheitsgehaltes im Rahmen der therapeutischen Beziehung umgehen. Rückschlüsse und Festlegungen auf einen Hintergrund ritueller Gewalt durch Fachpersonen, die zu suggestiver Beeinflussung von Patient:innen führen könnten, sind unzulässig. Die Klärung, ob organisierte rituelle Gewalt existiert, ist keine psychotherapeutische, sondern eine kriminologische bzw. juristische Aufgabe. Bedauerlicherweise ist auch die Behandlung von Patient:innen mit dissoziativen Symptomen in diese Diskussion eingebunden worden. Die aktuell einseitige Berichterstattung führt zur Verunsicherung von Patient:innen und Therapeut:innen und gefährdet somit zunehmend die Versorgung einer ohnehin ambulant wenig versorgten Gruppe. Um das versorgungsrelevante Ausmaß der Beeinträchtigung und des tatsächlich hervorgerufenen Schadens in der realen Versorgung dieser Patient:innengruppe abschätzen zu können, bitten wir sowohl Patient:innen, die sich in ihrer psychotherapeutischen Behandlung grenzüberschreitend, manipuliert und/oder fehlbehandelt fühlen, wie auch fachliches Personal (z.B. Psychotherapeut:innen, Fachärzt:innen), die sich Vorwürfen ausgesetzt sehen, sich an die Ethikkommission der DeGPT (info@degpt.de) zu wenden.
Fachlicher Dialog in Forschung und Praxis Die momentane Polemisierung und Diskreditierung von Patient:innen und fachlichem Personal verhindert eine weitere Wissensgenerierung und widerspricht unserem Verständnis von Ethik und wissenschaftlichem Diskurs. Wir begrüßen den Aufruf der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs (vom 20.03.2023) hinsichtlich einer transparenten und interdisziplinären Auseinandersetzung mit der Thematik und den diesbezüglich bestehenden Wissenslücken mit dem Ziel, einen wissenschaftlich konstruktiven und fachlichen Dialog zu führen, um Patient:innen best- und schnellstmöglich unterstützen zu können.
DeGPT - Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie