Der Verein CARA nahm vier Tage lang am «Kongress gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung» in Deutschland teil und war mit Stand und eigenem Info-Angebot präsent. Die CARA-Workshops waren nahezu ausgebucht, und das Netzwerk zu anderen Hilfsorganisationen konnte erfolgreich erweitert werden.
CARA-Workshop zur (Re-)Integration Betroffener
Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell
Am ersten Tag des Kongresses wurde die aktuelle Lage des Menschenhandels in Deutschland und dessen notwendige EU-weite Bekämpfung diskutiert. Fachleute aus Politik, Sozialwissenschaft, Justiz, Kirchen und Polizei waren sich einig, dass nur eine Gesetzesänderung, insbesondere ein Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell, wirksame Verbesserungen bringen kann.
Auch in der EU setzen sich Abgeordnete für ein Sexkaufverbot ein. Im September 2023 entschied das Europäische Parlament mehrheitlich für eine Politik, die die Nachfrage nach Sexkauf eindämmen soll, was den Druck auf die Mitgliedstaaten erhöht, ihre Gesetze zu überprüfen.
Deutschland müsse dringend handeln – zum Wohle der ausgebeuteten Frauen, denn «Deutschland sei zum Bordell Europas – wenn nicht sogar der Welt – geworden», so Helmut Noller, ehemaliger Kriminaloberrat, der von seinen Ermittlungen im Rotlichtmilieu berichtete. Er schilderte, wie ganze Gruppen aus dem Ausland nach Deutschland reisen, die sogenannte Pauschal-Bordell-Reisen gebucht hatten. Dazu stellte der «Bundesverband Nordisches Modell» seine Kampagne «Rote Karte für Freier» zur Fußball EM in Deutschland vor.
Steigender Pornographiekonsum bei Kindern und Jugendlichen
Am zweiten Tag lag der Schwerpunkt auf dem steigenden Pornographiekonsum bei Kindern und Jugendlichen, der zu deren Übersexualisierung und einer erhöhten Anfälligkeit für sexualisierte Gewalt führt. Der Film „Buying her“ zeigte schonungslos, wie Männer auch verheiratete Männer, sexsüchtig werden und regelmäßig Prostituierte aufsuchen und nicht selten Gewaltfantasien haben, was eine erhebliche Bedrohung für die Frauen darstellt.
Organisierte sexualisierte Gewalt im Kontext von Kinderprostitution
Am dritten Tag stand ein sehr schweres Thema auf dem Programm. Es ging um organisierte Gewalt im Kontext von Kinderprostitution. Was unfassbar erscheint ist für betroffene Kinder die einzige Chance ihr Martyrium zu überleben, sie leben quasi zwei verschiedene Leben gleichzeitig. Das funktioniert nur, weil die Psyche dissoziiert.
Sie gehen zur Schule, leben in einer scheinbar normalen Kindheit, werden aber gleichzeitig von ihren Eltern, oder anderen Bezugspersonen zu Sex mit Männern gezwungen. Dabei werden die Opfer immer jünger und die körperlichen und psychischen Schäden immer grösser.
Der Vortrag einer Traumatherapeutin half den schockierten Zuhörern die Dissoziation (Abspaltung eines Persönlichkeitsanteils) besser zu verstehen, was auch zu einem besseren Verständnis für Frauen in der Zwangsprostitution führte, denn diese dissoziieren oftmals wie die kleinen Kinder, nur um die immer wiederkehrende Gewalt ertragen zu können.
Die Begleitung von Betroffenen stiess auf grosses Interesse
Die beiden CARA-Workshops mit einer Betroffenen, ihrem Begleiter und zwei CARA-Mitarbeitern zum Thema «Betroffene von organisierter, sexualisierter und ritualisierter Gewalt begleiten und (re-)integrieren» waren äusserst gut besucht und endeten jeweils mit einer ausgiebigen Fragerunde, in der sich sowohl Betroffene, wie auch Begleitpersonen offen äusserten.
Ermutig durch die vielen wertvollen Referate, die persönlichen Gespräche und dem Wissen, nicht alleine zu sein, im Kampf gegen das Böse, kehrte das CARA-Team mit einer grossen Bestätigung für seine Arbeit in die Schweiz zurück.
Link zur Aktion «Rote Karte für Freier»