Mit diesem Dialog möchte ich, Carina*, einen Einblick geben, was innere, abgespaltene Anteile tragen, welche Meinungen und Überzeugungen sie haben können und dass diese oft sehr verschieden sind. Diesen Dialog schrieb ich vor etwa drei Jahren. Inzwischen kann ich schneller erfassen, was in meinem Inneren passiert und dementsprechend meine «Inneren Kinder» recht schnell beruhigen.
Es geht um eine bestimmte Erinnerung:
Die drei Stimmen der Kinder:
Olivia: Es ist nur Phantasie. Es gibt keinen Grund, sich so aufzuregen, da alles nur Phantasie ist.
Lina: Nein, es ist nicht Phantasie! Bitte, bitte, lasst es mich der Therapeutin erzählen. Es ist nicht Phantasie, ich weiss es, ich habe es doch selber erlebt! Ich möchte endlich, eeendliiiich sooo gern reden!!! Ich will nicht mehr schweigen!!! Ich muss es erzählen!!!
Malin: Nein, nein! Nichts erzählen! Neeein, nur das jaaa nicht! Du wirst enttäuscht werden, die Therapeutin glaubt dir nicht! Das kommt nicht gut heraus! Bitte, erzähl es jaaa nicht!!!
Olivia: Beruhigt euch, es ist nur Phantasie, lasst Carina BITTE in Ruhe! Es ist besser, es als Phantasie anzuschauen, es tut sonst zu fest weh. Wirklich, hört auf mich! Ich will euch nur schützen. Es bringt am Ende nichts, das alles auszubreiten, das Durcheinander wird nur schlimmer und Carina total instabil, und das wollen wir doch nicht. Sie muss funktionieren, arbeiten, sie hat genug zu tragen mit ihrem sonstigen Alltag.
Malin: Ja, ja nichts erzählen, besser schweigen, auch wenn es wahr ist; die Therapeutin wird Carina DIESMAL nicht glauben! Und dann bist du, Lina, und wir alle ganz fest traurig und enttäuscht! Lieber den Schmerz des Schweigens aushalten, als den tiefen Schmerz, nicht verstanden und damit so tief verletzt zu werden. Wir können nicht noch mehr Schmerz ertragen. Wir brauchen doch unsere Therapeutin noch. Wir brauchen sie noch. Wir dürfen sie um keinen Preis verlieren.
Lina: Ja, genau, wir brauchen sie noch!! Aber ihr alle habt doch erlebt, dass sie immer geglaubt hat. Dass sie uns nie verlassen hat und ihr habt doch gerade heute bei der Sprachnachricht gehört, dass sie nicht lacht, sondern uns ernst nimmt. Bitte, bitte, um alles in der Welt, lasst mich erzählen! Ich würde sterben, wenn ich es nicht erzählen dürfte und somit würde auch ein Teil von Carina sterben. Wollt ihr das? Wollt ihr, dass wir eine Einheit werden und somit die Erwachsene gesund wird oder wollt ihr, dass wir weiter so streiten und Chaos verbreiten? Dass die Erwachsene immer so im Stress ist, weil wir so Radau machen? Bitte, lasst mich erzählen! Ich halte es ja kaum noch zwei Wochen aus, aber wenn ich es gar nicht erzählen darf, sterbe ich WIRKLICH!
Olivia: Also, wenn du meinst. Es ist besser, es als wahr, statt als Phantasie zu betrachten, dann erzähl es halt in zwei Wochen. Aber ich lehne jede Verantwortung ab, wenn es schlecht herauskommt. Ich helfe dir dann nicht. Kannst die Suppe dann selber auslöffeln.
Malin: Ojemine, wenn das nur gut kommt! Ich wäre immer noch für Schweigen, du wirst dir sowas von Finger verbrennen, Lina, sie wird dir nicht glauben! SIE WIRD DIR diesmal NICHT GLAUBEN! Du wirst so tief verletzt werden! So zurückgestossen! Und DANN stirbst du auch! Diesen Schmerz hältst du nicht aus!! NIE im Leben! Willst du das wirklich riskieren? Aber bitte, wenn du das willst, dann tu, was du nicht lassen kannst. Ich helfe dir dann nicht, wenn du am Krepieren bist.
Lina: Ich weiss, dass es gut herauskommen wird! Sie wird mir glauben, sie ist so lieb, das wisst ihr doch. Sie weiss, wie und warum wir so fühlen und denken. Danke, dass ich es sagen darf.
Dies ist ein Beispiel, wie sich ein innerer Dialog in mir abspielt. Nach jenem Dialog habe ich gebetet und kam danach zu dem definitiven Entschluss, dass es richtig ist, der Therapeutin von dieser Erinnerung zu erzählen. Ich wurde nicht enttäuscht. Die Therapeutin hat mich ernst genommen und wir haben die Erinnerung gemeinsam bearbeitet.
Carina* (Pseudonym)
Comments